Die Wettkampf-Kalender werden immer voller. Es gibt viel mehr große Turniere, als noch vor zehn Jahren. Aber was bedeutet das? Wie die Zukunft des Springsports aussehen kann, das wollten Vertreter des Weltreiterverbandes FEI [Fédération Équestre Internationale, Lausanne/Schweiz] wissen. Zwei Tage lang haben 40 Teilnehmer aus 21 Ländern und aus allen fünf Kontinenten darüber diskutiert.
"Wo stehen wir eigentlich, wollen alle dasselbe oder nicht?"
“Es gab keinen konkreten Anlass für dieses Treffen”, sagt Stephan Ellenbruch. Der Leitet des Spring-Ausschusses der FEI moderierte die zweitägige Veranstaltung in Lausanne in der Schweiz. Stephan Ellenbruch kennt als internationaler Spring-Richter viele Turnierplätze weltweit, er war Chefrichter bei den Olympischen Spielen in London und Rio de Janeiro. “Wir wollten einmal alle miteinander sprechen, nicht der mit dem in dem einen Land, der mit einem anderen auf einem anderen Kontinent. Wir wollten einmal alle an einen Tisch.” Am Treffen teilgenommen haben nicht nur offizielle Vertreter der FEI, dazu auch aktive Reiter, Equipechefs, Turnierveranstalter und Pferdebesitzer. Da es immer mehr Turniere gibt, fragte sich die Runde zum Beispiel: Kann jeder ein Turnier veranstalten? Denn die Ansprüche an ein Turnier mit Qualität sind hoch.
„Natürlich hat ein Reiter Interesse an einer guten Box für sein Pferd und an einem tollen Boden beim Wettkampf. Den Veranstalter kostet das zunächst aber eine Menge Geld. Und da muss man fragen: Kann man das unter einen Hut bekommen? Offensichtlich kann man das, die Gespräche haben das gezeigt. Zumindest gibt es grundsätzlich gleiche Ideen”, erklärt Stephan Ellenbruch. Es soll strenge Mindestanforderungen für große Turniere geben.
Bei immer mehr Veranstaltungen war auch Überbeanspruchung von Pferden eines der großen Themen. Einig waren sich alle darüber, dass der verantwortungsvolle Einsatz von Pferden vor allem bei den Athleten und Pferdebesitzern liegen muss. Aber dass die FEI einspringen würde, wenn es Bedenken hinsichtlich der Übernutzung geben würde.
Ebenso wurde über die Zukunft des Nationenpreises diskutiert. “Es gibt viele andere Serien im Springsport”, sagt Stephan Ellenbruch. “Auch Turniere, bei denen man mehr Geld verdienen kann. Es gibt aber keinen Wettkampf mit mehr Gänsehaut-Moment als den Nationenpreis. Deswegen waren alle der Meinung, der Nationenpreis muss das Aushängeschild bleiben. Das war keineswegs klar, aber alle waren sich darin einig. Und das wissen wir nun.” Auch die anwesenden Athleten unterstützten die Serie ausdrücklich.
“Die FEI kann wirklich stolz darauf sein, ein Produkt zu haben, das nahezu perfekt ist. Es ist das wichtigste Produkt.”
Kevin Staut, Springreiter aus Frankreich
“Alle lieben den Nationenpreis. Es ist das beste Produkt, das wir haben. Als Reiter kann ich versprechen, dass es das beste Gefühl der Welt ist, für deine Nation zu reiten.”
Pedro Veniss, Springreiter aus Brasilien
Entscheidungen wurden an den beiden Tagen in Lausanne nicht gefällt. „Wir haben uns ausgetauscht, um festzustellen, wo stimmen wir überein, wo stimmen wir nicht überein.” Für Stephan Ellenbruch ist das in jedem Fall ein Ergebnis: “Wir haben festgestellt, dass wir in den Kernfragen eine riesengroße Übereinstimmung haben und nun werden wir weiter darüber sprechen, welche Maßnahmen man ergreifen muss, was man ändern muss, welche Themen wir angehen werden. Das Treffen war dazu da, Denkanstöße zu geben.“ Empfehlungen aus den Diskussionen werden nun im FEI-Spring-Ausschuss weiter besprochen, bis aus den Empfehlungen Beschlüsse werden.
Entwicklung des Springsports in den letzten zehn Jahren:
Die Anzahl an Veranstaltungen ist um 73% gestiegen. Dazu gehört ein Wachstum von mehr als 100% sowohl für die Basis-, als auch für die Eliteebene, 120% für 1* und 105% für die Top 5*-Events. Die Zahl der registrierten Springsportler und -pferde verzeichnet ebenfalls ein beeindruckendes Wachstum, mit 91% mehr Athleten einer 95% mehr Pferden, was zu einem Anstieg der Zahl der Einzelwettkämpfe bei internationalen FEI-Veranstaltungen um 96% geführt hat.